Die Wärmepumpe: Heilsbringer oder Horrorheizung?

Im Gespräch mit Heizungsbauer Michael Koch

Mit der zweiten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vom April 2023 trat die Bundesregierung eine Welle der Empörung los. Zu schnell, zu teuer, nicht sozial, zu wenig durchdacht, lautete das Urteil, das durch das Bundesverfassungsgericht offiziell geprüft werden sollte. Vor allem aber wurde mehr „Technologieoffenheit“ gefordert und die hochgelobte Lösung „Wärmepumpe“ für kaum durchführbar befunden. Was blieb, war vor allem Verwirrung und Frust. Denn wie genau Fristen, Ausnahmeregelungen usw. letztlich auch aussehen werden – schon jetzt sind eine Menge Fragen offen: Muss ich meine funktionierende Gasheizung jetzt rausreißen? Was für eine Heizung kommt für mein Zuhause alternativ in Frage? Wer soll das bezahlen? Und: Kommt Robert Habeck persönlich vorbei und linst durchs Fenster auf meine Heizung? Fragen, die eine Antwort verlangen. Letztere beantworten wir schon mal vorab: Eher nicht. Denn bis Herr Habeck überall vorbeigeschaut hat, hat wohl auch die letzte Gasheizung ihren Geist von allein aufgegeben. 

Für alle anderen Fragen rund ums Thema „Heizen 2.0“ haben wir einen Fachmann hinzugezogen. Einen, der sich nicht nur mit der Theorie beschäftigt, sondern sich als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik tagtäglich mit der praktischen Umsetzung auseinandersetzt. Und der bereits seit 17 Jahren mit einer Wärmepumpe heizt: Michael Koch, Geschäftsführer der „Heizung und Badträume GmbH“.

Michael, im Mittelpunkt der Diskussion um das neue „Heizungsgesetz“ stand ja vor allem die Wärmepumpe. Mal als DER Heilsbringer, mal als zu laute, zu teure Horrorversion einer Heizung. Wie sieht es denn jetzt aus? Ist das nach wie vor ein Thema für eure Kunden? Oder halten sich die Menschen schon die Ohren zu, wenn es darum geht?

Nein, es ist natürlich nach wie vor ein Thema, zu dem wir unsere Kundinnen und Kunden viel beraten. Ist ja klar, ab Anfang nächsten Jahres muss jede neue Heizung mit 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden. Und selbst wenn das Gesetz bzw. die Fristen noch einmal geändert würden, ab 2045 darf überhaupt nicht mehr mit fossilen Brennstoffen geheizt werden. Spätestens dann brauchen wir alle eine andere Lösung als Öl oder Gas.*

Und die lautet Wärmepumpe?

So könnte sie lauten, ja. Stand heute ist die Wärmepumpe die machbarste und effizienteste Möglichkeit.

Stichwort „machbar“: Wo kann eine Wärmepumpe denn überhaupt eingesetzt werden? Brauche ich dafür gleich ein Energieeffizienzhaus?

Nein. Die Art oder das Alter eines Gebäudes spielen erstmal keine Rolle. Eine Wärmepumpe funktioniert überall. Ob sie wirtschaftlich läuft, das ist die Frage. Und hierbei ist die Vorlauftemperatur der entscheidende Faktor. Je niedriger die Vorlauftemperatur, desto effizienter ist die Wärmepumpe. Als Richtwert gilt eine Temperatur von 55 Grad. Benötigt man eine höhere Vorlauftemperatur, um das ganze Haus zu beheizen, dann wird es teuer.

Weil man dann zu viel Strom benötigt?

Genau. Die Wärmepumpe braucht Strom, um aus der Wärme der Umgebungstemperatur Heizwärme zu erzeugen. Je höher die Vorlauftemperatur, desto mehr Strom brauche ich.

Bin mit einem Altbau dann automatisch raus?

Nein. Auch hier kommt es auf die benötigte Vorlauftemperatur an. Sollte sie zu hoch ausfallen, genügen oftmals ein paar einfache Maßnahmen, um Abhilfe zu schaffen. Beispielsweise einen oder zwei Heizkörper gegen neue mit größerer Fläche ersetzen.

In den Diskussionen um die Wärmepumpe schien es bisher so, als ob sie in nur wenigen Fällen wirklich zum Einsatz kommen könnte. Dem ist also nicht so?

Nein. Es ist eher umgekehrt. In einigen Fällen wird sie sich nicht rechnen, aber für schätzungsweise 80 Prozent aller Häuser ist eine Wärmepumpe eine gute Alternative zu Heizungen mit fossilen Brennstoffen.

Du und deine Familie seid ja das beste Beispiel. Ihr heizt seit langem mit einer Wärmepumpe, richtig?

Ja, seit 17 Jahren. Und unser Haus ist über 150 Jahre alt.

Heißt das, ihr braucht seit 17 Jahren Ohropax und müsst euch ständig anbrüllen? Wärmepumpen sollen ja ordentlich Lärm machen …

Nein. Früher waren sie recht laut, aber moderne Wärmepumpen sind „flüsterleise“, wie es so schön heißt. Natürlich machen sie auch Geräusche – so wie jede Heizung. Aber störender „Lärm“ entsteht nur durch eine fehlerhafte Installation oder die falsche Platzierung.

Apropos Platzierung: Wieviel Platz brauche ich denn dafür? Gerade für den Teil, der sich außerhalb des Hauses befindet.

Das hängt davon ab, ob man ein Kompaktgerät – auch „Monoblock“ genannt – oder ein Splitgerät wählt. Bei den Kompaktmaschinen befindet sich die gesamte Technik im Außenteil. Dort wird die Wärme erzeugt. Drinnen ist dann lediglich der Pufferspeicher, der völlig geräuschlos läuft. Bei Splitgeräten findet die Wärmeerzeugung in der Inneneinheit statt. Dadurch ist das Außengerät deutlich kleiner. Welche Variante die sinnvollste ist, hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab.

Gibt es eine Regelung, was den Abstand des Außengeräts zum Nachbarn betrifft?

Die gibt es. Aber nicht mehr lange. Bisher galt ein Abstand von drei Metern, in NRW und Hessen sogar nur 0,5 Meter. Aber ab dem 1.1.2024 fällt die Abstandsregelung komplett weg. Dann besteht lediglich eine Anmeldepflicht für die Anlage.

Kommen wir zu den Kosten für eine Wärmepumpe. Das macht ja vielen Menschen Sorgen. Was kostet eine Wärmepumpe im Schnitt?

Da gibt es natürlich zwischen den verschiedenen Anbietern und Produkten große Unterschiede. Aber über den Daumen gepeilt, kostet eine Wärmepumpe zwischen 30.000 und 45.000 Euro. Im Vergleich dazu kostet eine neue Gasheizung etwa 20.000 Euro. Aber eine Gasheizung wird nicht gefördert, Wärmepumpen schon. Aktuell liegt die Förderung bei 25 – 35 Prozent. Wenn man das mit einrechnet, ist eine Wärmepumpe nicht viel teuer als eine neue, hochwertige Gasheizung.

Zumal die Gaspreise ja auch weiterhin steigen werden …

Genau. Über die Zeit rentiert sich eine Wärmepumpe sowieso.

Helft ihr euren Kunden denn bei den Förderungen? Da blickt man als Laie ja kaum durch …

Ja, das machen wir. Wir beraten unsere Kunden natürlich, aber wir helfen auch konkret beim Ausfüllen der BAFA-Förderanträge.

Das klingt alles sehr positiv. Aber wenn ich mich jetzt für eine Wärmepumpe entscheide, kann ich denn überhaupt eine bekommen? Was ist mit den Lieferproblemen, von denen oft gesprochen wird?

Die Lieferzeiten gehen immer weiter runter. Und ab dem ersten Quartal 2024 wird es überhaupt keine Lieferprobleme mehr geben. Die Hersteller haben reagiert und die Produktion läuft. Einen Handwerker für die Installation zu finden, könnte allerdings schwieriger werden. Viele Heizungsbauer kennen sich mit Wärmepumpen noch nicht aus. Das muss sich ändern, wenn die Energiewende an Fahrt aufnehmen soll.

Stichwort „Energiewende“: Wenn ich meine Wärmepumpe nun aber nur mit „grauem“ Strom betreibe, ist dem Klima auch nicht geholfen, oder?

Das ist auch nicht die Idee dahinter. Generell sollte ja irgendwann komplett auf nachhaltig erzeugten Strom umgestiegen werden. Aber um eine Wärmepumpe schon jetzt ausschließlich mit Solarstrom vom eigenen Dach zu betreiben, dafür reicht die Speichertechnik noch nicht aus. Da wird sich in den nächsten Jahren aber sicherlich noch einiges tun.

Zusammengefasst könnte man also sagen, dass die Wärmepumpe definitiv mehr Heilsbringer als Horrorlösung ist. Wenn ich nun aber aus irgendwelchen Gründen keine Wärmepumpe nutzen kann oder will, welche alternativen Heizmöglichkeiten gibt es denn noch?

Aktuell gibt es kaum Alternativen. Zumindest keine, die so großflächig eingesetzt werden kann. Fernwärme ist eine Möglichkeit, wenn man in einer großen Stadt mit entsprechendem Netz lebt.

Was ist mit Erdwärme?

Dafür müssen einige Voraussetzungen gegeben sein. Das geht nur bei sehr gut gedämmten Gebäuden mit einem geringen Wärmebedarf auf einem großen Grundstück. Die erforderliche Bohrung ist auch nicht überall möglich. Und die Investitionskosten sind deutlich höher als bei anderen Heizsystemen.

Die Holzpellet-Heizung wurde auch immer wieder als mögliche Alternative aufgeführt …

Als Nischenlösung, ja. Aber von der Frage der Holzbewirtschaftung und dem Feinstaubausstoß mal abgesehen, gehört die Pelletheizung zu den teuersten in der Anschaffung und im Unterhalt. Außerdem ist sie für Stadt- und Reihenhäuser schlichtweg viel zu groß.

Bleibt noch die H2-ready-Heizung, auf die viele Hausbesitzer mit einer entsprechenden Gasheizung setzen. Wäre das nicht eine alternative Lösung?

Irgendwann vielleicht. Noch sind weniger die Heizungen als vielmehr die Verfügbarkeit von Leitungen und dem Wasserstoff selbst das Problem. Es ist Zukunftsmusik und für die Energiewende zurzeit noch nicht umsetzbar. Auch eine klimaneutrale Produktion und Lagerung von Wasserstoff bleibt fraglich.

Du als Heizungsexperte bist also ganz klar PRO Wärmepumpe. Vielen Dank, dass du uns einen Einblick in die Praxis verschafft und mit vielen Fragen aufgeräumt hast!

*Aktualisierung der Fristen: Seit dem 1. Januar 2024 muss jede neu installierte Heizung in einem
Neubaugebiet mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden.
Für Bestandsgebäude sowie Neubauten außerhalb eines Neubaugebiets gelten Übergangsfristen. In Großstädten werden ab dem 30. Juni 2026 erneuerbare Energien beim Tausch der Heizungsanlage Pflicht, in kleineren Kommunen ab dem 30. Juni 2028.

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